Das Verwaltungsgericht Hannover hatte am 24.11.2022, Az. 2 A 460/22 darüber zu entscheiden, ob ein Impfschaden infolge einer Impfung gegen das Coronavirus einen Dienstunfall im Sinne des § 34 Abs. 1 NBeamtVG darstellt.
Um was ging es genau?
Die Klägerin, Förderschullehrerin im Dienst des Landes Niedersachsen, erlitt als Reaktion auf den Impfstoff einer Coronavirus-Imfpung einen Schlaganfall. Sie begehrte daher die Anerkennung der nach einer Impfung gegen das Coronavirus bei ihr aufgetretenen Körperschäden als Dienstunfall im Sinne des § 34 Abs. 1 NBeamtVG.
Die Impfaktion an der die Klägerin teilnahm wurde von einem mobilen Impfteam in einer niedersächsischen Schule durchgeführt. An dieser Schule war die Klägerin zuvor als Lehrkraft tätig, bevor sie an eine andere Schule abgeordnet wurde. Die Klägerin wurde im Vorfeld der Impfaktion vom Schulleiter ihrer ehemaligen Schule über das Impfangebot informiert.
Wann spricht man überhaupt von einem Dienstunfall?
Die jeweiligen Beamtenversorgungsgesetze definieren, was als Dienstunfall angesehen wird. Gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Wichtig hierbei ist, dass das Tatbestandsmerkmal „in Ausübung oder infolge des Dienstes“ eine besonders enge ursächliche Verknüpfung des Ereignisses mit dem Dienst verlangt (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 1963 – II C 10.62 -, vom 18. April 2002 – 2 C 22.01 -, vom 15. November 2007 – 2 C 24.06 – und vom 25. Februar 2010 – 2 C 81.08).
Zum Dienstgehört nach § 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NBeamtVG auch die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen. Mit dieser Aufführung (wortgleich mit § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG) hat der Gesetzgeber den gesetzlichen Dienstunfallbegriff nicht erweitert. Es sollte lediglich klargestellt werden, dass neben dem eigentlichen Dienst auch dienstliche Veranstaltungen zum Dienst gehören (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. April 1967 – VI C 96.63).
Wie entschied das Verwaltungsgericht Hannover?
Das Verwaltungsgericht Hannover entschied, dass der vorliegende Fall kein Dienstunfall i.S.d. § 34 Abs. 1 NBeamtVG darstellt.
Maßgeblicher Grund für diese Entscheidung war, dass die Impfaktion laut Ansicht des Gerichts nicht in Ausübung des Dienstes erfolgte, obwohl sie in der Stammschule der Klägerin und während der üblichen Dienstzeiten durchgeführt wurde. Das Verwaltungsgericht führte aus, dass diese Rahmenbedingungen für sich allein nicht für die Annahme ausreichen, dass die Impfung in Ausübung des Dienstes erfolgt wäre. Das Verwaltungsgericht führte weiter aus, dass die Klägerin und die die übrigen impfwilligen Lehrkräfte für den Zeitraum der Impfung von ihrer Unterrichtsverpflichtung freigestellt waren. Die Impfung erfolgte also nicht während der Zeit der eigentlichen Dienstverrichtung.
Die Impfaktion stellte nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Hannover in dem hier streitgegenständlichen Fall auch keine dienstliche Veranstaltung i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NBeamtVG dar, da es am Dienstbezug fehlte. Die Veranstaltung stand weder im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Lehrkraft oder den schulischen Aufgaben, noch diente diese der Förderung des Miteinanders. Es wurden lediglich die Räumlichkeiten der Schule genutzt, um eine Tätigkeit des mobilen Impfteams zu ermöglichen. Darüber hinaus hat der Dienstherr deutlich gemacht, dass er selbst keine inhaltliche Verantwortlichkeit für das Impfangebot übernahm. Der Schulleiter hatte leidglich per E-Mail über die Impfmöglichkeit und den organisatorischen Ablauf informiert. Es wurde an keiner Stelle für die Impfung geworben oder ihr dienstlicher Nutzen hervorgehoben.
Die Pressemitteilung des Verwaltungsgericht Hannover kann hier nachgelesen werden.
Kann diese Entscheidung einfach auf alle Fälle von Impfschäden übertragen werden?
Nein! Das Vorliegen eines Dienstunfalles, d.h. das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 34 Abs. 1 NBeamtVG müssen immer im Einzelfall geprüft werden. Es kann daher nicht verallgemeinert werden, dass Impfschäden in keinem Fall als Dienstunfall angesehen werden können.
Das Bundesveraltungsgericht hat bereits mit Urteil vom 29. August 2013, Az. 2 C 1/12 festgestellt, dass eine freiwillige Grippeschutzimpfung eine dienstliche Veranstaltung im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG ist, wenn sie vollständig in der Verantwortung des Dienstherrn liegt und auch dienstlichen Interessen dient. Diese Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes zeigt also, dass es von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ob ein Impfschaden einen Dienstunfall darstellt.