Das Bundesarbeitsgericht und die Verjährung von Urlaubsansprüchen

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Grundsatzurteil (Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20) entschieden, dass nicht genommener Urlaub eines / einer Arbeitnehmer:in nicht automatisch nach drei Jahren verjährt.

 

Grundsätzliche zum Thema Urlaub kurz vorab

Das Bundesurlaubsgesetz stellt die gesetzliche Grundlage für den Urlaub bzw. den Urlaubsanspruch eines / einer Arbeitnehmer:in dar. Bereits in § 1 BUrlG steht, dass jeder / jede Arbeitnehmer:in in einem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub hat.

Im Bundesurlaubsgesetz ist im Übrigen ebenfalls geregelt, dass der Urlaub bei einer Sechs-Tage-Woche jährlich mindestens 24 Tage beträgt, bei einer Fünf-Tage-Woche also 20 Tage. Individuell höhere Urlaubsansprüche können sich natürlich aus Tarifverträgen oder auch aus dem Arbeitsvertrag ergeben.

 

Worum ging es vor dem BAG?

Die Klägerin war in der Zeit vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 2017 als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin bei dem Beklagten beschäftigt und konnte aufgrund hoher Arbeitsbelastung nicht immer alle Urlaubstage über die Jahre nehmen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte der Beklagte der Klägerin 14 Urlaubstage aus, weitere 101 Urlaubstage wurden jedoch nicht abgegolten.

 

Das Bundesarbeitsgericht hat nun festgestellt, dass zwar die Vorschriften über die Verjährung auch auf den gesetzlichen Mindesturlaub Anwendung finden. Die Verjährungsfrist von drei Jahren gem. § 199 Abs. 1 BGB beginnt jedoch bei richtiger Auslegung der Richtlinien der europäischen Gemeinschaft nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres. Die Frist beginnt erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der / die Arbeitgeber:in den / die Arbeitnehmer:in über den konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der / die Arbeitnehmer:in den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht beantragt und nicht genommen hat.

 

Aus der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichtes geht im Übrigen noch Folgendes hervor:

Der Senat hat damit die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Vorabentscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) umgesetzt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs tritt der Zweck der Verjährungsvorschriften, die Gewährleistung von Rechtssicherheit, in der vorliegenden Fallkonstellation hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zurück, die Gesundheit des Arbeitnehmers durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme zu schützen. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit dürfe nicht als Vorwand dienen, um zuzulassen, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis berufe, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Der Arbeitgeber könne die Rechtssicherheit gewährleisten, indem er seine Obliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachhole.“

 

Leider ist das Thema Urlaub immer wieder ein Streitpunkt zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen. Haben Sie Fragen dazu oder benötigen Sie gar unsere Unterstützung, so können Sie sich gerne an uns wenden. Wir beraten und vertreten Sie zu allen arbeitsrechtlichen Themen