
Zu Beginn läuft alles vielversprechend. Die Aufgaben sind interessant, das Team freundlich, der Einstieg gelungen. Noch nicht alles sitzt, aber der Eindruck stimmt. Umso überraschender kommt die Ankündigung: Die Probezeit soll verlängert werden. Keine Begründung, keine Erklärung, nur der Hinweis, man wolle „noch etwas mehr Zeit“. Plötzlich steht eine Frage im Raum, die viele Berufstätige beschäftigt: Ist das überhaupt rechtens?
Die Probezeit ist ein häufig unterschätztes Instrument im Arbeitsverhältnis. Sie bietet beiden Seiten die Möglichkeit, die Zusammenarbeit unter realen Bedingungen zu testen: fachlich, menschlich und organisatorisch. Doch sie ist kein rechtsfreier Raum. Ihre Rahmenbedingungen sind im Gesetz klar geregelt. Laut § 622 Abs. 3 BGB darf während einer vereinbarten Probezeit mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Diese Erleichterung gilt jedoch nur für einen begrenzten Zeitraum. Wird die Probezeit über ihre gesetzlich zulässige Grenze hinaus verlängert oder fehlerhaft vereinbart, kann dies weitreichende arbeitsrechtliche Folgen haben.
Deshalb lohnt sich ein genauer Blick auf die rechtlichen Grundlagen, zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten und praktischen Fallkonstellationen rund um die Verlängerung der Probezeit. Sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer.
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Überblick - Themen in diesem Artikel
Was ist bei Dauer und Verlängerung der Probezeit zulässig?
Die rechtlichen Vorgaben zur Probezeit sind eindeutig, doch in der Praxis entstehen häufig Unsicherheiten. Insbesondere wenn es um die Dauer oder eine mögliche Verlängerung geht.
Grundsätzlich hat die Probezeit eine maximale Länge von sechs Monaten. Dies ergibt sich aus der Systematik des § 622 Abs. 3 BGB, welcher die verkürzte Kündigungsfrist während dieser Zeit ausdrücklich auf genau diesen Zeitraum begrenzt. Wird eine längere Probezeit vereinbart, ist diese nicht automatisch unwirksam, allerdings entfällt dann die privilegierte Kündigungsfrist.
Wurde zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eine kürzere Probezeit festgelegt, zum Beispiel drei Monate, besteht die Möglichkeit, diese im Einvernehmen beider Vertragsparteien bis zu einer Dauer von sechs Monaten zu verlängern. Eine solche Verlängerung bedarf zwingend der beidseitigen Zustimmung und muss in einer schriftlichen Zusatzvereinbarung festgehalten werden. Eine einseitige Verlängerung durch den Arbeitgeber ist rechtlich unzulässig und kann im Streitfall unwirksam sein.
Dabei ist zu beachten: Die Verlängerung der Probezeit verändert nichts an der grundsätzlichen Rechtslage. Spätestens nach sechs Monaten greift unabhängig vom Status der Probezeit der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind: die Betriebsgröße und die Dauer der Beschäftigung. Die Probezeit darf also nicht als Mittel verstanden werden, um diesen Schutz willkürlich hinauszuzögern.
Wann ist eine Verlängerung gerechtfertigt?
Eine Verlängerung der Probezeit ist nicht beliebig möglich, aber in bestimmten Konstellationen rechtlich zulässig. Vorausgesetzt, sie bleibt im Rahmen der maximal sechs Monate und wird einvernehmlich vereinbart. Folgende drei Gründe tauchen in der arbeitsrechtlichen Praxis am häufigsten auf:
- Chance auf längere Bewährung oder korrekte Leistungsbeurteilung
Bei komplexen Aufgabenprofilen oder schrittweiser Einarbeitung kann eine fundierte Einschätzung zum Ende der ursprünglichen Probezeit fehlen. Anstatt das Arbeitsverhältnis vorschnell zu beenden, kann eine sachlich begründete Verlängerung dem Arbeitnehmer die Chance auf eine längere Bewährungsphase geben. So können noch offene Leistungsfragen geklärt, zusätzliche Trainingsmaßnahmen umgesetzt oder neue Projekte übernommen werden, um eine faire und abschließende Beurteilung zu ermöglichen. - Krankheitsbedingte Fehlzeiten:
War der Arbeitnehmer während der Probezeit über ein Drittel des Zeitraums arbeitsunfähig, kann die Beurteilungsgrundlage erheblich eingeschränkt sein. Eine Verlängerung ist dann zulässig, wenn dies dokumentiert und einvernehmlich geregelt wird. - Betriebliche Veränderungen:
Führen Umstrukturierungen, ein Wechsel in der Führungsebene oder eine Aufgabenverschiebung dazu, dass der ursprüngliche Einsatzbereich entfällt oder sich deutlich verändert, kann eine Verlängerung erforderlich werden, um eine neue, belastbare Beurteilungsbasis zu schaffen.
In allen Fällen gilt: Eine saubere schriftliche Dokumentation der Gründe erhöht die Rechtssicherheit und schützt vor späteren Missverständnissen.
Formalia nicht vergessen: So funktioniert die rechtssichere Verlängerung der Probezeit
Auch wenn die Verlängerung einer Probezeit inhaltlich gerechtfertigt ist, ohne saubere vertragliche Regelung ist sie rechtlich unwirksam. Entscheidend ist, dass das Verfahren korrekt umgesetzt wird. Drei zentrale Schritte sind dabei zu beachten:
- Schriftliche Zusatzvereinbarung erstellen:
Eine Verlängerung muss in Textform erfolgen – idealerweise als klar formulierter Nachtrag zum bestehenden Arbeitsvertrag. Mündliche Absprachen oder einseitige Verlängerungen durch den Arbeitgeber genügen nicht den rechtlichen Anforderungen. Erfolgt die Verlängerung in Form einer vom Arbeitgeber vorformulierten Klausel, unterliegt sie als normergänzende Regelung der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Zudem ist § 310 Abs. 4 S. 2 BGB zu beachten, wonach arbeitsrechtliche Besonderheiten bei der AGB-Kontrolle berücksichtigt werden. - Neue Dauer eindeutig festlegen:
In der Zusatzvereinbarung muss klar geregelt sein, bis zu welchem Datum die verlängerte Probezeit läuft. Dabei darf die Gesamtdauer, inklusive der ursprünglichen Probezeit, sechs Monate nicht überschreiten. - Gründe dokumentieren:
Auch wenn das Gesetz keine explizite Begründung verlangt, erhöht eine nachvollziehbare Dokumentation (z. B. Krankheit, Einarbeitungsphase, Umstrukturierung) die Rechtssicherheit und schafft Transparenz. Insbesondere im Streitfall.
Ein solcher Nachtrag muss von beiden Parteien unterzeichnet und zur Personalakte genommen werden. Arbeitgeber tun gut daran, diese Klärung frühzeitig anzugehen. Nicht erst kurz vor Ablauf der ursprünglichen Probezeit.
Was Auszubildende und Betriebe beachten müssen
Im Ausbildungsverhältnis gelten besondere Regelungen zur Probezeit, die sich deutlich vom klassischen Arbeitsvertrag unterscheiden. Gemäß § 20 BBiG muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Innerhalb dieses Zeitraums kann das Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wie § 22 Abs. 1 BBiG festlegt.
Eine Verlängerung über die vier Monate hinaus ist gesetzlich nicht vorgesehen, kann aber nach der Rechtsprechung ausnahmsweise zulässig sein, wenn der Auszubildende für einen nicht unerheblichen Zeitraum abwesend war. Etwa infolge längerer Krankheit oder anderer zwingender Abwesenheitsgründe. Die Gerichte orientieren sich dabei häufig daran, ob ein wesentlicher Teil der Probezeit faktisch nicht absolviert werden konnte, ohne dass hierfür ein fester Prozentsatz vorgeschrieben wäre.
Diese Ausnahme ist allerdings eng auszulegen und sollte stets gut dokumentiert werden. In Zweifelsfällen empfiehlt sich eine rechtliche Prüfung, insbesondere im Hinblick auf die Wirksamkeit der verlängerten Regelung.
Kündigung nach der Probezeit: Wann der Schutz greift und wann nicht
Die rechtlichen Unterschiede zwischen der Zeit innerhalb und außerhalb der Probezeit sind deutlich. Besonders bei Kündigungsfristen und Kündigungsschutz. Ein kompakter Überblick:
- Während der Probezeit
– Kündigungsfrist: zwei Wochen
– Grundlage: § 622 Abs. 3 BGB
– Kündigung ohne Angabe von Gründen möglich
– Kein Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz - Nach sechs Monaten Beschäftigung
– Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes, sofern dieses Anwendung findet
– Längere Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 1 BGB
– Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein (personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt)
Wichtig: Auch wenn die Probezeit verlängert wird, beginnt der gesetzliche Kündigungsschutz nach Ablauf von sechs Monaten. Unabhängig von der vertraglichen Bezeichnung. Eine Probezeitverlängerung über diesen Zeitpunkt hinaus ändert also nichts an der Schutzwirkung des KSchG.
Was Arbeitnehmer bei einer Probezeitverlängerung beachten sollten
Wird eine Verlängerung der Probezeit vorgeschlagen, sollten Arbeitnehmer diese nicht ungeprüft akzeptieren. Drei Aspekte sind besonders wichtig:
- Inhalt der Vereinbarung sorgfältig prüfen:
Die Dauer der Verlängerung sowie der Anlass sollten klar und eindeutig formuliert sein. - Begründung hinterfragen:
Arbeitnehmer haben Anspruch auf Transparenz. Liegen die Voraussetzungen für eine Verlängerung vor, benennen Arbeitgeber nachvollziehbare Gründe wie krankheitsbedingte Ausfälle oder noch ausstehende Leistungsbewertungen. - Rechtliche Beratung in Erwägung ziehen:
Bei Unklarheiten empfiehlt sich eine rechtliche Prüfung durch einen Fachanwälte für Arbeitsrecht.
Eine Verlängerung ist nur wirksam, wenn sie freiwillig und schriftlich vereinbart wird. Eine einseitige Anordnung durch den Arbeitgeber ist rechtlich nicht zulässig.
Praxishilfen: So gelingt die Verlängerung rechtssicher
Damit Sie rechtlich auf der sicheren Seite sind, finden Sie hier eine praxisnahe Checkliste.
Checkliste: Worauf Sie achten müssen:
Rechtsgrundlage aufgeführt | Verweis auf § 622 Abs. 3 BGB, § 305ff. |
Laufzeit präzise bestimmt | Neues Enddatum muss klar formuliert sein |
Gesamtdauer prüfen | Ursprüngliche + Verlängerung zusammen ≤ 6 Monate? |
Konkreter Verlängerungsgrund | z. B. Krankheit, Einarbeitung, Umstrukturierung |
Folgen explizit genannt | z. B. „Kündigungsfrist bleibt unverändert“ |
Schriftform gewahrt | Unterschrift Arbeitgeber und Arbeitnehmer |
Kopie für Akten | Original in Personalakte, Kopie beim Mitarbeiter |
Weiterführende Inhalte
Im Folgenden finden Sie eine prägnante Übersicht zu den wichtigsten rechtlichen Grundlagen, interessanten Gerichtsentscheidungen und weiterführenden Hilfsangeboten.
Rechtliche Grundlagen
- § 622 Abs. 3 BGB – Verkürzung der Kündigungsfrist während der Probezeit
- § 305ff. Regelungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen und deren Einbeziehung: gelten für Vertragsänderungen nur, wenn es sich tatsächlich um AGB handelt, was insbesondere in Kleinbetrieben mit wenigen Mitarbeitern nicht zwingend der Fall ist.
- § 20–22 BBiG – Probezeitregelung in Ausbildungverhältnissen
Wichtige Urteile zur Verlängerung der Probezeit
- BAG, 7. März 2002 – 2 AZR 93/01
Aufhebungsvertrag mit Wiedereinstellungszusage zur Umgehung des Kündigungsschutzes
- LAG Mecklenburg-Vorpommern, 24. Juni 2014 – 5 Sa 222/13
Zulässige Gestaltung über Kündigung mit verlängerter Frist
- LAG Baden-Württemberg, 6. Mai 2015 – 4 Sa 94/14
Bedingungen und zulässiger Umfang einer Probezeitverlängerung
Unterstützung & Beratung
Wenn Unsicherheiten bestehen oder Klärungsbedarf da ist, kontaktieren Sie uns! Wir beraten kompetent zu allen Aspekten der Probezeitverlängerung.