Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat sich in einem Beschluss vom 23.02.2021 – Az. 5 ME 20/21 – dazu geäußert, wann ein Antrag auf Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand von der Behörde abgelehnt werden kann.
Gem. § 36 Abs. 1 NBG ist auf Antrag der Beamtin oder des Beamten der Eintritt in den Ruhestand um bis zu einem Jahr hinauszuschieben, wenn dienstliche Interessen nicht entgegenstehen. Unter den gleichen Voraussetzungen kann der Eintritt in den Ruhestand um längstens weitere zwei Jahre hinausgeschoben werden. Der Antrag muss sechs Monate vor Eintritt in den Ruhestand gestellt werden. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte müssen den Antrag sogar vier Jahre vor Eintritt in den Ruhestand stellen, anderenfalls liegt es im Ermessen der Behörde, ob dem Antrag entsprochen wird.
In dem von uns vertretenen Fall hat ein Kriminalbeamter das Hinausschieben des Ruhestands um ein Jahr beantragt. Die Polizeidirektion hatte den Antrag abgelehnt, da aus ihrer Sicht dienstliche Gründe entgegenstanden. Sie hatte sich darauf berufen, dass in Folge der laufenden strategischen Organisationsanpassung der Dienstposten unseres Mandanten weggefallen sei. Außerdem ergebe sich ein entgegenstehendes dienstliches Interesse aus der regionalisierten Einstellung von Polizeianwärtern, da diese nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung in der Behörde eingesetzt werden müssten, für die sie eingestellt wurden.
Die erste Instanz – Verwaltungsgericht Lüneburg
Das Verwaltungsgericht Lüneburg hatte den Antrag unseres Mandanten, die Polizeidirektion zu verpflichten, seinen Eintritt in den Ruhestand bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache hinauszuschieben abgelehnt. Diese Entscheidung hat das OVG aufgehoben und dem Antrag unseres Mandanten entsprochen.
So hat das OVG entschieden
Umstände, die mit dem Hinausschieben des Ruhestandes typischerweise verbunden sind, können nicht als Grund für ein entgegenstehendes dienstliches Interesse angeführt werden. Gerade der Umstand, dass eine Stelle erst später vakant wird, ist mit einem Hinausschieben des Ruhestandes typischer verbunden. Das OVG erklärte, dass, wenn ein Polizeianwärter nach seiner Ausbildung noch nicht in der Behörde verwendet werden könne, für die er eingestellt wurde, weil noch keine Planstelle frei sei, müsse er in der Zwischenzeit in einer anderen niedersächsischen Polizeibehörde eingesetzt werden. Dies sei in Ausnahmefällen auch bei einer regionalisierten Einstellung möglich.
Darüber hinaus hat das OVG ausgeführt, dass nicht erkennbar sei, dass bei der PD kein einziger Dienstposten erkennbar sei, auf dem unser Mandant amtsangemessen verwendet werden könnte. Unser Mandant habe durch seinen Antrag ausdrücklich sein Interesse an einer Weiterbeschäftigung bekundet. Diesen Antrag, der hinsichtlich seiner Verwendung keine Einschränkungen enthalten habe, hätte die PD von Amts wegen im Rahmen der im Jahr 2020 beendeten und noch laufenden Dienstpostenbesetzungsverfahren berücksichtigen müssen.
In Bezug auf die zu treffende Ermessensentscheidung hat das OVG sehr deutlich ausgeführt, dass, wenn dienstliche Interessen nicht entgegenstehen kaum Raum für Ermessenserwägungen sei.
Auswirkungen für Beamtinnen und Beamte
Damit wird die Position von Beamtinnen und Beamten, die ihren Ruhestand hinausschieben wollen, wesentlich gestärkt.
Die Prüfung, ob dienstliche Gründe einem Hinausschieben des Ruhestandes entgegenstehen, bezieht sich nicht nur auf den Dienstposten, den der Beamte oder die Beamtin zum Zeitpunkt des Antrags auf Hinausschieben des Ruhestandes besetzt. Solange ein amtsangemessener Dienstposten frei ist oder frei wird, muss dem Antrag entsprochen werden.
Auch in den Fällen, in denen der Gesetzeswortlaut ein Ermessen der Behörde vorsieht, kann der Antrag nur abgelehnt werden, wenn im Einzelfall besondere Umstände in der Person des Beamten oder der Beamtin gegeben seien, die ein Hinausschieben des Ruhestandes ausschließen. Das können zum Beispiel hohe Fehlzeiten oder disziplinarische Probleme sein. Dies ist besonders für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte relevant, da das Gesetz immer eine Ermessensentscheidung der Behörde vorsieht, wenn der Antrag nicht vier Jahre vor Erreichen der Altersgrenze gestellt wird. Diese Frist ist faktisch bedeutungslos geworden, da in der Regel keine Ermessensgründe vorliegen, die eine Ablehnung eines Antrags rechtfertigen.