OVG Niedersachsen: Beurteilungen bei der Bundesagentur für Arbeit rechtswidrig

Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 22.05.2024 – 5 ME 23/24) hat in einem von uns geführten Verfahren eine wegweisende Entscheidung bzgl. der Rechtmäßigkeit von Beurteilungen der bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigten Beamt:innen getroffen. Sämtliche dieser Beurteilungen sind rechtswidrig.

Gegenstand des Verfahrens war eine Auswahlverfahren, in dem unser Mandant nicht ausgewählt wurde. Im Zuge des Konkurrentenstreitverfahrens wurden auch die der Auswahlentscheidung zu Grunde liegenden Beurteilungen geprüft. Wir hatten argumentiert, dass die Beurteilung unseres Mandanten rechtwidrig war, weil sie auf einem falschen Maßstab beruhte. Die Bundesagentur für Arbeit (BfA) beurteilt ihre Beschäftigten anhand der Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes.

Das Oberverwaltungsgericht hat unsere Rechtsauffassung bestätigt und festgestellt, dass die Beurteilungspraxis der BfA jedenfalls für die dort beschäftigten Beamt:innen rechtswidrig ist. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung werden Beamt:innen nicht anhand der Anforderungen ihres Dienstpostens, sondern anhand der Anforderungen ihres Statusamtes beurteilt. Das bedeutet, entscheidend ist nicht, welche Leistungen von jemandem erwartet werden können, der diesen konkreten Dienstposten besetzt, sondern welche Leistungen von jemandem mit dieser Amtsbezeichnung und Besoldungsgruppe erwartet werden können.

 

 

OVG: Ermessungsspielraum bei Beurteilung überschritten, wenn beamtenrechtliche Vorschriften unberücksichtigt bleiben

Die BfA argumentierte, dass diese Rechtsprechung für sie nicht gelte, da ihr Personal vorrangig aus Arbeitnehmer:innen bestehe und dies gesetzlich so beabsichtigt sei. Dieses Argument ließ das OVG nicht gelten. Es sei zwar beabsichtigt, den Bestand an Beamt:innen schrittweise abzubauen, so lange aber Beamt:innen bei der BfA beschäftigt seien, gelten für diese die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften. Die BfA besitze bei der Ausgestaltung ihres Beurteilungssystems zwar einen gewissen gesetzlich eingeschränkten Ermessenspielraum. Dieser sei allerdings dann eindeutig überschritten, wenn Bereiche der Personalrekrutierung, des Personaleinsatzes und der Qualifizierung des beruflichen Aufstiegs vorwiegend nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen ausgestaltet seien und dabei im Umgang mit den Beamt:innen beamtenrechtliche Grundsätze gänzlich außer Acht gelassen würden.

Die Entscheidung des OVG legt eindeutig fest, dass Beamt:innen auch bei Dienstherren, die vorwiegend Tarifbeschäftigte beschäftigen, nach den beamtenrechtlichen Vorschriften zu beurteilen sind und Beurteilungsrichtlinien den beamtenrechtlichen Vorgaben entsprechen müssen. Beurteilungen von Beamt:innen, die allein auf den Anforderungen des konkreten Dienstpostens basieren, sind immer unzulässig und auch nicht mit einer besseren Vergleichbarkeit mit den Leistungen der Tarifbeschäftigten zu rechtfertigen.

Da Auswahlverfahren vorrangig auf Grundlage aktueller – rechtmäßiger – Beurteilungen getroffen werden, führt die Fehlerhaftigkeit einer Beurteilung zwangsläufig dazu, dass eine Auswahlentscheidung, die diese Beurteilung berücksichtigt, ebenfalls rechtwidrig ist.

 

 

Was das Urteil des OVG bedeutet

Die BfA hat für die bei ihr beschäftigten Beamt:innen zum Stichtag 01.01.2024 Regelbeurteilungen erstellt. Sämtliche dieser Beurteilungen sind rechtswidrig. Solange die BfA keine neue Beurteilungsrichtlinie erlassen und neue Beurteilungen erstellt hat, die auf dem korrekten Maßstab beruhen, sind sämtliche Auswahlentscheidungen in Stellenbesetzungsverfahren, bei denen sich Beamt:innen beworben haben, rechtswidrig.

Sind Sie Beamt:in bei der Bundesagentur für Arbeit und wurden zum 01.01.2024 beurteilt? Wir beraten Sie gerne über ihre rechtlichen Möglichkeiten. Haben Sie in einem Auswahlverfahren eine Absage bekommen? Auch hier beraten wir Sie gerne. Sie müssen aber schnell reagieren, da es für Rechtsmittel gegen Auswahlentscheidungen sehr kurze Fristen gibt.